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Im Schema des Parallelvorgangs

In der Aphasiestudie (Zur Auffassung der Aphasien, 1891b) hat Freud seinen neuen Denkansatz weiter ausgearbeitet. Er wandte sich hier u. a. gegen die Auffassung Meynerts, dass Aphasien aus Störungen entweder der Zentren oder der zugehörigen Bahnen im Gehirn erklärbar sein sollen.
Zur Erläuterung: Nach Meynert enthielten die Sprachzentren Zellen, in denen Wortvorstellungen lokalisiert seien, und diese Zentren seien über ein funktionsfreies Rindengebiet durch sog. weiße Assoziationsbündel miteinander verbunden. Freud weigerte sich, eine Nervenfaser über ihren ganzen Verlauf rein physiologisch aufzufassen und sie dann, „mit ihrem Ende ins Psychische einzutauchen und dieses Ende mit einer Vorstellung oder einem Erinnerungsbild auszustatten.” (1891b, 79). Das hätte nämlich zur Folge, dass das gesamte Seelenvermögen an einem bestimmten Punkt oder einer umgrenzten Region des Gehirns lokalisiert wäre.

Für Freud war auch das Sprachvermögen unbedingt etwas Psychisches. Voraussetzung für sein Verständnis von Sprachstörungen war die eben dargestellte Auffassung über das Zusammenspiel von Physischem und Psychischem. Diese wurde nun in zwei Schritten erweitert:

  1. Zwischen physiologischen Vorgängen im Nervensystem und psychischen Erscheinungen sei keine Kausalbeziehung anzunehmen (was sich z.B. bei Fechner findet), sondern: Jedem psychischen Geschehen entspreche ein physiologisches Korrelat, ein durchaus lokalisierbarer Erregungsablauf, ein „schwebendes psychophysisches Verhältnis könnte man sagen. Hiermit legte Freud im übrigen auch den Grundstein für seine Repräsentanzen-Lehre.
  2. Diese spezielle Korrelation funktioniere als energetisch-dynamisches Geschehen: „Die physiologischen Vorgänge hören nicht auf, sobald die psychischen begonnen haben; vielmehr geht die physiologische Kette weiter, nur dass jedem Glied derselben (oder einzelnen Gliedern) von einem gewissen Moment an ein psychisches Phänomen entspricht. Das Psychische ist somit ein Parallelvorgang des Physiologischen.“ (ebd., 98).

Nach diesen Grundsätzen konzipierte Freud seinen Sprachapparat.

WortSachVsepia

Der Parallelvorgang wird hier aus den Systemen Sach- und Wortvorstellung gebildet. In ihm bildet das Wort die elementare Spracheinheit, und die Vorstellung die psychische Elementarform. Folglich muss die Wortvorstellung als sprachlich-psychische Einheit betrachtet werden. Seine Bedeutung erlangt das Wort durch die Verknüpfung mit der Objektvorstellung. Die Objektvorstellung wiederum ist ein Assoziationskomplex aus den verschiedenartigsten visuellen, akustischen, taktilen, kinästhetischen und anderen Vorstellungen: „Die Wortvorstellung erscheint als ein abgeschlossener Vorstellungskomplex, die Objektvorstellung dagegen als offener. Die Wortvorstellung ist nicht von allen ihren Bestandteilen, sondern bloß vom Klangbild her mit der Objektvorstellung verknüpft. Unter den Objektassoziationen sind es die visuellen, welche das Objekt in ähnlicher Weise vertreten, wie das Klangbild das Wort vertritt.“ (ebd., 121).